Die GamesCom 09 in Köln - insgesamt über 200.000 Besucher und vier riesige Hallen vollgestopft mit Entwicklern, Presse und Fans - und wir waren mitten drin. Dabei hatten wir exklusiv die Möglichkeit Bernd Beyreuther, dem Creative Director von Radon Labs zu einem Interview zu überreden. Teil 1 möchten wir euch hier präsentieren - In Kürze folgt dann Teil 2. Die Gesamtlaufzeit des Interviews betrug ganze 25 Minuten. Viel Spass beim Lesen!
Wir: Auf was bist du bei Drakensang besonders stolz?
Bernd Beyreuther: Ersteinmal bin ich froh und dankbar, dass es so großen Erfolg hatte. Es hatte ja viele Jahre lang kein DSA-Spiel gegeben und mit Drakensang ist DSA wieder ganz groß da. Und das finde ich nicht nur toll für den Publisher und den Entwickler, sondern das ist toll für Marke und Aventurien selber. Weil ganz viele Leute sehen: Ja Aventurien lebt und Aventurien entwickelt sich weiter. Das ist eigentlich erstmal das Schönste daran. Wir haben das Spiel ja nicht nur gemacht, um ein Rollenspiel und einen erfolgreichen Titel zu machen, sondern auch weil wir diese Welt lieben. Und froh bin ich darüber und da bin ich auch stolz, dass uns das so gut gelungen ist, dieses Gefühl von Aventurien aufzugreifen, das dem entspricht, was sich viele Leute unter Aventurien vorstellen.
Wir: In den DSA-Foren wird unter anderem diskutiert, wie es sein kann, dass ein alter Drache unbemerkt so lange fort sein konnte. Was würdest du in dem Forum schreiben?
Bernd Beyreuther: Viele Dinge sind nicht so wie sie scheinen. Das ist ja auch in der wirklichen Welt so.
Wir: Winterschlaf?
Bernd Beyreuther: (lacht) Wie es wirklich sein konnte, da müsste man die DSA-Autoren fragen, denn die haben natürlich nur bestimmte Sachen, von denen Dingen, die sich begeben haben, dann auch wirklich umgesetzt. Aber in der Tat war es so, dass die Präsenz von Umbracor natürlich da war. Es war ja Umbracors Geist, der die Drachenqueste initialisiert hat. Er hat ja gewirkt, er war ja nicht komplett verschwunden, was vielleicht erklärt, wie so eine mächtige Identität, ein tragender Pfeiler des Universums weg sein kann, ohne dass das Universum einstürzt, übertragend gesagt. Aber detailliert gesagt würde ich die Frage dann schon an unsere Storyautoren weitergeben wollen.
Wir: Wie geht ihr mit Widersprüchen zum offiziellen DSA-Hintergrund um? Wundbrand ist im eigentlichen DSA ein Wundfieber aber bei euch stellt es ein Gift da, was man sofort wieder heilen kann.
Bernd Beyreuther: Also das konkrete Beispiel ist, sagen wir es mal so, nicht gut gelungen, weil wir da ein Problem hatten. Der Wundbrand war eine Sache, die wir relativ spät bemerkt haben, was als Prinzip dem Spieler nicht klar geworden ist. Das heißt, bei dem Wundbrand, dem Richtige, haben es die Spieler nicht begriffen, wie es funktioniert, weswegen wir dann versucht haben, das zu umgehen und dieses Gift daraus gemacht haben. Grundsätzlich ist es so, was die Regeln angeht: Reden wir über Regelkonflikte oder reden wir über inhaltliche Konflikte. Wenn wir uns die Regeln raus fischen, dann kann ich eine ganz einfache Geschichte bringen, die meine Haltung dazu nochmal schön zum Ausdruck bringen: Ich hab auf der RadCon eine Präsentation gemacht, wo ich vor 400 Leuten Drakensang vorgestellt habe und die mich in einer Podiumsdiskussion regelrecht auseinander genommen haben. Das war bevor wir Teil 1 raus gebracht hatten und ich hab geschwitzt und gedacht: Oh Gott! Die Fans sind so regeltechnische Fanatiker – die werden wir nie zufrieden stellen können. Und nach der Präsentation sind die Leute, die mir die härtesten Fragen gestellt haben, auf mich zugekommen, haben mir auf die Schulter geklopft, haben mir die Hand geschüttelt und gesagt: Ja, wir verstehen ja, das ist ein PC-Spiel. Wir freuen uns so, dass endlich wieder ein DSA-Spiel kommt. Das sind ja alles intelligente Leute, die das Spiel spielen. Die wissen, dass man in einem PC-Spiel Dinge nicht eins zu eins so machen kann, wie man sie bei einem Brettspiel machen kann, dass es bei einem Regelwerk vor allem darum geht, Grundlagen zu schaffen, damit man Spaß am Spiel hat. Und in der Tat sind diese Regelunterschiede, solange sie die Realität dort nicht brechen, marginal. Wenn wir Fehler bei der Umsetzung haben, zum Beispiel dass bestimmte Kreaturen auftauchen, die dort nicht sein dürften – das sind Sachen, denen Stellen wir uns, also inhaltliche Sachen.
Es ist ja auch die Frage: Ist das eine Weltsimulation, dann müssten wir über die Regel diskutieren, oder ist das eine Welt, unabhängig von unserer existierenden, die durch die Regeln, die wir am Tisch benutzten, nur durch eine Art beschrieben wird und durch andere Sachen, wie zum Beispiel Romane oder andere Publikationen völlig anders beschrieben wird? Wir wollen Spaß haben, wir wollen Spiele spielen die Spaß machen. Jeder Meister wird die Welt an seinem Tisch anders umsetzen. Und wir müssen das natürlich für den PC, wir sind praktisch die Meister für 150.000 deutsche Spieler. Und das ist der Weg, bei dem wir denken: So wie wir's machen, funktioniert es am Besten. Nicht alles gelingt perfekt, gebe ich zu. Manches ist nicht optimal. Aber wir bemühen uns, das wirklich gut zu machen.
Wir: Welchen der neuen Archetypen würdest du für dich auswählen und warum? Es gibt ja den Gjalskerländer und den Geoden. Welchen findest du schöner oder besser?
Bernd Beyreuther: Ich würde keinen von beiden nehmen, weil ich traditionell schon immer in jedem Spiel, selbst bei Tekken (lacht), immer denselben Typen nehmen: Nämlich elfenähnliche Frauen.
Aber wenn ich aus beiden Typen einen auswählen müsste, dann wäre es wohl der Geode, weil der nämlich schöne, neue Zaubersprüche hat, die einfach sehr schön geworden sind völlig anders sind als. Andererseits der Gjalskerländer, der eher einer einfachen Spielweise nahe kommt.
Wir: Wird es in Drakensang: am Fluss der Zeit möglich sein, vollständig die Berechnungen im Spiel nachzuvollziehen? Zum Beispiel die Berechnung der Astralenergie.
Bernd Beyreuther: Wir versuchen, in die Konsole so viel wie möglich reinzupacken. Wir haben aber noch die eine oder andere Stelle, wo das Regelwerk so komplex ist. Wir arbeiten daran, dass auch alle Zaubersprüche nachvollziehbar sind, aber das ist sehr mühevoll. Wir bohren da richtig dicke Bretter. Ich kann da aber noch gar nicht genau sagen, wie das letztendlich wird, da schrauben wir noch dran.
Wir: Kann man die Karte in Bezug auf Monster einfach abgrasen oder gibt es einen Gegner-Respawn?
Bernd Beyreuther: Wir werden keine Monster haben, die sich in der Stärke der Heldengruppe anpassen. Wir werden Bereiche haben, die werden für den Spieler zu Beginn des Spieles zu hart sein. Wir werden Bereiche haben, die können leer geräumt werden und wir werden Bereiche haben, in denen kommen immer neue Tiere nach. Es gibt also nicht eine Lösung für alles. Es gibt Dungeons, die kann man leer räumen und da passiert dann auch nichts mehr. Aber es gibt auch Waldgebiete, wo immer wieder Wölfe zu finden sind, was ja auch logisch ist.
Wir: Wie viele Mitarbeiter von Radon Labs kümmern sich momentan um das Spiel und wie viele sind noch aus dem Team vom ersten Spiel dabei?
Bernd Beyreuther: Im Prinzip ist das komplette Team vom ersten Spiel nahtlos am nächsten Teil zu Gange. Das Spiel wird kontinuierlich verbessert, ist genauso stabil wie der erste Teil und noch stabiler. Es wird keine großartige Hardware verlangen, obwohl es besser aussehen wird. Das Team arbeitet eins zu eins am nächsten Titel weiter. Wir haben es sogar noch aufgestockt mit hervorragenden Leuten. Es sind im Moment ca. 70 bis 80 Leute, die daran arbeiten. Das werden gegen Ende noch ein bisschen mehr werden, weil dann ja noch die Tester dazu kommen.
Außerdem arbeiten die DSA-Autoren nicht mehr wie beim ersten Spiel extern. Also es ist nicht so, dass die die Story schreiben und uns am Ende 1000 Seiten auf den Tisch knallen, sondern wir haben sie direkt ins Haus geholt. Wir haben Lena Falkenhagen, Florian Don Schauen, die über Wochen bei uns im Haus waren und mit uns zusammen die Geschichte entwickelt haben. Wir haben uns mit allem viel mehr Mühe gegeben. Wir haben jetzt zum Schluss allein fünf Autoren im Haus, die die Dialoge schreiben plus Lektoren. Wir haben den Aufwand also deutlich erhöht und ich hoffe, man merkt das dann auch im Spiel. Es ist auch nötig für die Vollvertonung, das da der Dialogaufwand deutlich höher ist.
Wir: Wird die Musik wieder von denselben Leuten gemacht werden?
Bernd Beyreuther: Die Musik ist ja preisgekrönt. Also kein Grund, da irgendwas dran zu ändern. Die Musik hat Dynamedion gemacht, einer der wichtigsten und erfolgreichsten Musikproduzenten in Deutschland, die auch bei Am Fluss der Zeit wieder mit dabei sind. Wir haben in Am Fluss der Zeit einige Überraschungen mit der Musik vor, dahingehend, dass wir sie in einer dramaturgischen Art und Weise einsetzen wollen, wie wir es beim ersten mal nicht gemacht haben. Wir werden Musik-Themen an verschiedene Figurengruppen knüpfen. Es wird Musik geben für die Antagonisten, es wird Musik geben für den Protagonisten. Und wir werden Musikstücke haben, die das mischen, so dass der Spieler zum Teil schon an der Musik erkennen wird, wen er vor sich hat. Ein wenig wie in Peter und der Wolf.
Wir: Welche Engine verwendet ihr? Eine hauseigene? Und wenn ja, die gleiche wie bisher?
Bernd Beyreuther: Wir verwenden wie für alle unsere Inhouse-Titel unsere eigene Engine. Wir haben ja außer Drakensang eine Reihe von anderen Produktionen. Wir sind mit über 100 Mitarbeitern das zweitgrößte deutsche Entwicklungsstudio. Wir entwickeln für alle Plattformen: PC, Xbox, PS3, Wii und DS. Und das alles mit unserer eigenen Engine. Und natürlich ist die Engine im Gegensatz zum ersten Teil wesentlich verbessert, etwa eine Generation weiter. Das wird man an Shadern merken wird, was man an viel besseren Bäumen merken wird.
Wir: Welche Hardware steckt in den Anspiel-PC's? Wie sieht's mit den Systemanforderungen aus?
Bernd Beyreuther: Was in den Anspiel-PC's steckt, weiß ich nicht. Ich hab aber gestern die PC-Games-Hardware hier gehabt, die hier getestet hat. Und die war davon begeistert. Für das Spiel steckt in den Vorführrechner eine 9800 drin – also eine 100 Euro Grafikkarte. Wir haben sehr niedrige Systemanforderungen und wir bemühen uns darum. Wir sind keine Grafik-Vorführ-Demo, sondern wir sind ein Rollenspiel und wir wollen auch auf Rechner, die ein paar Jahre älter sind auch noch gut aussehen und gut laufen.
Wir: Zum High-Texture-Patch: Wie kamt ihr darauf, noch nachträglich die Texturen zu verbessern? Standet ihr vor dem Release unter Zeitdruck oder war euch das einfach so wichtig? Wird es das dann beim nächsten Spiel auch geben?
Bernd Beyreuther: Das waren aber viele Fragen auf einmal. (lacht) Ja, wir standen natürlich unter Zeitdruck. Wir hatten schon ein Releasefenster, was wir erreichen wollten, was im Sommer vorherigen Jahres war. Auf der anderen Seite hatten wir uns in vielen Bereichen so viel Zeit gelassen, damit das Spiel möglichst bugfrei wird. Die Texturen hatten einen anderen Hintergrund. Die Größe der Level war im Vorfeld nicht klar. Natürlich haben wir die ganze Zeit Messungen und Planungen angestellt. Aber dass das Spiel am Schluss 80 Stunden lang sein wird und dass wir ein Problem mit Laufwegen bekommen würden, das wussten wir nicht so konkret. Wir haben die ganze Zeit die Größe der Level reduziert und reduziert und wir konnten nie so ganz präzise sagen, wie viel Ressourcenverbrauch wir haben werden. Das war relativ schwer festzulegen, weswegen wir Texturen am Schluss runterdrehen mussten, weil zu viele davon da waren. Und jetzt bei „Am Fluss der Zeit“ ist die Situation zum Glück anders, da Erfahrungswerte vorliegen und wir bessern planen können. Es wird also eine durchweg bessere Grafikqualität geben. Das Textur-Pack war eigentlich eine Verlegenheitslösung, weil die besseren Texturen da waren, diese aber auf niedrigeren Rechnern nicht gelaufen wären. Diese konkrete Umschaltmöglichkeit konnten wir erst jetzt nachholen. Aber wir haben die ganze Zeit bei den Patches auch geschaut, wo wir das Produkt verbessern können. Wir haben uns ja eine riesige Liste von Feedback geholt und auf alles gehört. Wir haben nicht nur die Reviews der Zeitungen analysiert, wir haben auch die Foren durchgegrast. Wir haben geschaut, was die Leute bei Amazon in die Kommentare reinschreiben. Wir sind auf die Messen gefahren und haben mit den Leuten gesprochen und daraus hat sich eine Liste mit Verbesserungswünschen ergeben – und die Texturen waren halt ganz oben mit auf der Liste. Da waren die Laufwege, die Texturen, die Vollvertonung, all diese Dinge. Manches konnten wir davon schon in den Patches korrigieren, zum Beispiel die Texturen.
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