Das Interview mit Ronny von den Crafty Studios
DSA-Drakensang.de:
Warum habt ihr gerade diesen Klassiker wiederbelebt? Warum habt ihr euch für das DSA-Universum entschieden?
Ronny:
Das kam folgendermaßen zustande: Alle von uns mochten DSA. Jeder kennt DSA, jeder hatte in seinem Leben Kontakt mit DSA. Das ist unvermeidbar, wenn man ein Computerspieler im deutschsprachigen Raum ist. Da kommt man nicht dran vorbei. Und auch durch die persönliche Nähe zum Publisher war ausschlaggebend, wir liegen geographisch nahe zur UIG.
Und so entstand das Ganze. Die kamen auf uns zu und haben das mit initiiert. Wir haben alle waren überzeugt. Dazu ist zu sagen, dass wir alle Freunde der alten Rollenspiele sind. Das heißt, dass ein modernes Online-Rollenspiel eine Sache ist, aber die alten Rollenspiele einen ganz eigenen Flair haben und auch eine andere Zielgruppe. Primär auch eine andere Altersgruppe, die da angesprochen wird. Da rede ich von 30 plus. Du spielst die Spiele einfach anders. Du spielst sie ruhiger und bedachter, du hast vielmehr Kopfkino dabei. So etwas kannst du nicht machen, wenn du es neu erfindest, damit kann dann keiner was anfangen.
Wir haben immer drüber geredet, wie toll es wäre und so kam eins zum anderen und dann hieß es: Ja, wir machen DSA. Das war ein Anruf, den habe ich bekommen, dann habe ich Christian angerufen, der vor Freude gequietscht hat. Aber wir waren uns nicht bewusst, wie groß es wirklich war, das muss ich ehrlich sagen. Wir haben es völlig unterschätzt wie mächtig die Community ist – im Nachhinein gesehen und im positiven Sinne, wie toll die eigentlich ist und auch wie mächtig das Spiel für sich ist. Nicht nur von den Funktionen her, sondern auch vom Kopfkino her.
DSA-Drakensang.de:
Ihr habt euch ja bewusst dafür entschieden, ein klassisches Rollenspiel zu machen. Warum habt ihr euch nicht dazu entschieden, ein einfach zugängliches Spiel zu machen? Warum seid ihr bei diesem klassischen Ansatz geblieben?
Ronny:
Das ist eine fast schon eine persönliche Entscheidung gewesen. Ich kann aus einem Spiel, das ein Regelwerk hat wie DSA, einen absolut lauen Abklatsch machen, wo ich die Regeln kaum beachte, oder ich halte mich sehr eng daran. Um mich eng an DSA-Regeln zu halten, habe ich im Computerspielbereich nicht viel Spielraum. Das ist einfach so. Und da war die Nordlandtrilogie mit ihrer Herangehensweise schon sehr gut durchdacht. Heute wüsste man sicherlich viele Dinge noch besser, darüber müssen wir nicht diskutieren. Aber Fakt ist, die Nordlandtrilogie hat das schlau gemacht. Sie hat sich in vielen Teilen sehr eng an die Regeln gehalten. Und in manchen Teilen haben sie sich durchgeschlängelt, so gut es ging. Gleichzeitig haben wir aber das Problem, dass sie damals auch Dinge im Original reingebaut haben, die früher schon problematisch waren und wo wir sagen, dass man das so eigentlich nicht machen kann. Es ist nie eine Eins-zu-Eins-Umsetzung, aber wir versuchen uns so nah wie möglich dran zu orientieren. Wir finden es gut.
DSA-Drakensang.de:
Was macht für euch das DSA-Universum so besonders reizvoll?
Ronny:
Diese Welt ist an sich schon mal reizvoll, weil sie schon in sich so kreativ ist vom Schaffensprozess, vom DSA-Regelwerk her. Die Welt ist kreativ, aber sie ist nachvollziehbar. Und, was diese Welt so interessant gemacht hat, ist: Es ist eine Fantasy-Welt, ohne World of Warcraft zu sein. Und das finden wir sehr sympathisch, weil es nicht nur quietschig-bunt sein muss, weil es realistischer sein kann. Wenn ich durch die Stadt durchgehe und es regnet, dann regnet es und es ist dunkel und ich weiß, dass es so ist und ich habe nicht so einen rosaroten Bling oben drauf und plötzlich gibt es einen einen Pandabären, der rein springt und sagt: „Es regnet!“ Das wollten wir nicht. Das finden wir auch gut an der Welt von DSA allgemein, dass es kein quietsche buntes Erlebnis ist, sondern eine Welt, die auch mal hart sein kann.
DSA-Drakensang.de:
Das Spiel wurde ja jetzt auch releast und es kam zu ein paar Problemen. Wie kam es überhaupt dazu? Gab es da so einen Kerngrund?
Ronny:
Ganz ehrlich – ich hab es anfänglich schon gesagt – wir haben es überschätzt. Also wir haben uns überschätzt, wir haben eine ganze Menge unterschätzt. Wir glaubten nicht, dass es so viel wird, dass es so dicht ist. Blöd gesagt … einen fahrenden Zug zu stoppen, ist sehr schwer. Wir kommen aus dem Online-Bereich, das ist jetzt unser erste Retail-Titel und dann ist es für dich noch schwerer, einen Zug zu bremsen. Wir haben aber unsere Lehren draus gezogen, jetzt auch schon in der Patching-Phase arbeiten wir ganz anders mit unserem Publisher zusammen. Ein Lob an sie, die stehen nämlich wirklich hinter uns. Das ist ein Hand-in-Hand-Arbeiten, ein Miteinander. Wenn wir ein Problem haben, zum Beispiel, dass wir was übersetzt brauchen, dann kommt sogar ein Business-Developer daher oder die Marketing-Dame und sagen, dass sie das mal schnell machen. Das kommt daher, dass sie es selbst gern mögen. Sie sind alle auch Fans. Ich mag jetzt nicht behaupten, dass sie es leben, aber sie verstehen, was wir tun. Und so macht das Sinn.
Wir haben das Projekt völlig falsch eingeschätzt und wir haben dem Spiel nicht genügend Planungsphase gegeben. Ich glaube, daran liegt es. Hätten wir dem Spiel am Anfang etwas mehr Planung gegeben, wo man nicht produktiv ist, dann hätten wir gesehen, dass es nach hinten raus nicht passt. Das gebe ich zu, das ist einfach so. Und wir hatten eine andere Herangehensweise. Wir bauen normalerweise Grundgerüste. Wenn der Content dann fertig ist, hat man dann quasi Schubladen, in die dann das Fertige rein gestopft werden kann und dann ist man fertig. Wir sind am Ende nicht mehr zum Einsortieren gekommen. Das ist unser Hauptproblem beim Spiel. Wir hatten Bugs und haben auch Bugs, aber die gibt es immer. Aber die Atmosphäre ist noch nicht existent gewesen beim Release und wir arbeiten nun daran sukzessive, sie zu steigern. Die Dinge, die wir schon da haben - die ganzen Zufall-Events und so weiter - die hatten ihren Weg noch nicht geschafft. Aber wir haben sie schon. Das hat uns gefehlt. Diese Planung war falsch und wir haben draus gelernt.
DSA-Drakensang.de:
Wann können denn alle das Spiel genießen? Mal ganz salopp gefragt.
Ronny:
Ganz salopp: Wir halten uns gerade sehr gut an unseren Patch-Plan und unsere Planungen sind nicht falsch. So in etwa sechs Wochen noch – vorsichtig gesagt. Dann haben wir den Stand komplett erreicht. Das Spiel ist inzwischen spielbar, es funktioniert mit dem aktuellen Stand. Es ist aber so: Um es komplett rund zu machen, dazu gehören noch neue Contents, die die Spieler aus dem Original noch nicht kennen. Wenn uns Spieler unterstützen wollen und bisher mit dem Kauf gewartet haben, lässt sich sagen, dass es jetzt spielbar ist und alles funktioniert.
Das unterstützt uns auch, denn ich muss ganz ehrlich sagen, dass wir natürlich vom Verkauf leben. Ganz offen und ehrlich gesprochen. Wir leben von Verkäufen von dem Spiel und wir wollen aus dem Spiel mehr machen, als das Original war. Wir wollen es nicht neu erfinden, aber mehr draus machen. Hoffentlich reißt uns keiner den Kopf ab, sollten wir eine Woche länger brauchen, aber bisher würde ich sagen sechs Wochen.
DSA-Drakensang.de:
Du hast neue Contents erwähnt. Was gibt es denn da so?
Ronny:
Also ich rede nicht von nackten Thorwalerinnen und auch nicht Elfinnen und auch keine Zwerginnen … wobei die bestimmt viele Haare hätten. Es geht eher darum, dass die Welt rund um Thorwal viele kleine Sidequest erlaubt und um das geht es auch primär. Ich lasse es jetzt offen, ob mit oder ohne neue Locations, kann gut passieren. Die Welt erlaubt es einem, die Welt verdient es auch befüllt zu werden mit Dingen, die nicht im Original waren.
Eines muss ich sagen: Die Geschichte rund um die Schicksalsklinge ist eine schöne Geschichte, aber in sich hätte sie mehr bieten können. Immer schon. Das war auch einer der Kritikpunkte am Original. Aber auch erst, als es dann später neu aufgelegt wurde. Am ersten Erscheinungstag war es natürlich toll für die damalige Zeit. Wir sagen, dass man mehr draus machen kann. Und das wollen wir nachliefern. Vielleicht spannen wir auch einen Bogen zu einem eventuellen zweiten Teil. Wer weiß schon, was wir irgendwann machen.
DSA-Drakensang.de:
Ihr wollt also auch am zweiten Teil arbeiten? Also weitermachen?
Ronny:
Es ist so: Wenn wir zur Zeit mit dem Publisher sprechen, fokussieren wir uns ausschließlich auf Teil 1. Natürlich reden wir alle auch vom zweiten und dritten Teil. Natürlich. Es ist eine Trilogie. Man fängt so etwas nicht an, wenn man es nicht im Hinterkopf hat. Aber jedes Mal, wenn einer von uns – ob nun Entwickler oder Publisher – davon anfängt, wird er von den anderen gemaßregelt. Da wird dann gesagt: „Ne, ne. Jetzt erst mal den ersten fertig machen.“ Wir haben keine Planung dafür, wir würden es gerne machen, aber zuerst muss die erste Sache stehen, bevor ich mit der zweiten anfangen kann. Ich kann nicht ein Baby machen, wenn noch eins im Bauch ist.
DSA-Drakensang.de:
Hättet ihr mit dem Release nicht einfach noch zwei Monate warten können? Oder ging das gar nicht?
Ronny:
Sagen wir es mal so: Wir hatten überlegt, zu verschieben. Es gab auch Gespräche, aber es gab auch gewisse Faktoren, die es einfach nicht möglich gemacht haben. Ich will das nicht großartig kommentieren, weil das wieder zu Spekulation führt. Der böse Developer, der böse Publisher … das stimmt alles zusammen nicht. Es ist keiner bei uns auf den anderen böse. Keiner hat den anderen genötigt. Das muss ich auch mal ganz klar sagen, dass das auch die Community weiß. Es ist einfach Scheiße gelaufen. Ist zwar ein hässliches Wort, aber es ist so. Wir haben draus gelernt.
Ich will auch noch eins sagen: Es steht oft im Raum, wir hätten die User abgezockt mit diesem Titel. Ich möchte das ganz kurz kommentieren. Hätten wir abzocken wollen, würden wir jetzt nicht so arbeiten. Ich hoffe, das ist den Leuten bewusst. Wir wollen wirklich was Gutes machen. Wir entschuldigen uns für den Release, aber wir hoffen auch, dass wir die Chance kriegen und auch ein bisschen Anerkennung – es würde uns einfach gut tun – dass wir es jetzt so machen, wie wir es machen. Wir wollten niemandem was Böses. Wir wollen keinem das Geld aus der Tasche ziehen. Wir wollen einfach ein Spiel im DSA-Universum machen, das Spaß machen kann. Es wird nie ein kreischend buntes Online-Rollenspiel werden, diese Kritiker muss ich enttäuschen, das machen wir nicht. Es wird keine rosaroten Häuser geben. Aber wir werden das Beste tun, dass es das Spiel wird, das es hätte sein sollen. Das verspreche ich. Wir geben Gas.
DSA-Drakensang.de:
Wollt ihr den Usern noch etwas auf den Weg geben?
Ronny:
Auf den Weg geben nicht. Den Usern würde ich gerne Danke sagen. Ich entschuldige mich andauernd dafür, was wir gemacht haben, aber primär geht es mir darum, denjenigen danke zu sagen – nicht, die uns verteidigt haben, da gab es am Anfang keine – die uns aber die Stange gehalten haben. Die immer noch kritisch sind und ich hoffe, sie bleiben es auch. Klar finde ich es toll, wenn uns Leute bedingungslos lieb haben, die braucht man fürs Seelenheil, aber sie helfen nicht dem Produkt. Die Leute, die uns nur schlecht machen, brauche ich persönlich für gar nichts. Sie tun sich selbst ja auch nichts Gutes, weil sie ja die schlechte Stimmung haben. Aber diejenigen, die uns auch mal maßregeln und kritisch sind, aber konstruktiv, denen sage ich Danke! Das ist das, warum das Spiel jetzt trotz des vermasselten Release besser geworden ist, als es zum Release hätte werden sollen.
Danke für das Interview!