1. Da Ihr ein RPG entwickelt, wie definiert Ihr ein Rollenspiel? Welche Merkmale haltet Ihr für wichtig und warum?
Jan Lechner: Mein Verständnis von Rollenspiel ist, dass mir als Spieler eine Welt präsentiert wird, in der ich in eine Rolle schlüpfen und diese dann auch ausleben kann. Wichtig ist dabei, dass Einschränkungen und Möglichkeiten durch die Logik der Spielwelt begründet werden und nicht unerklärt bleiben.
Auch wenn ich mich entscheide einen Magier zu spielen, sollte es das Spiel zulassen, dass ich ein mächtiges Kriegerschwert in die Hand nehme und mich ausprobieren kann. Und wenn mir solche Entscheidungen angeboten werden, muss ich auch deren Auswirkungen erfahren können. Im Idealfall heißt das, dass sich mein Magier an einem mächtigen Breitschwert verletzen kann, zumindest aber arge Probleme im Falle eines Kampfes hat.
In einem Rollenspiel sollte der Spieler immer auch die Möglichkeit haben, seine Rolle in einem bestimmten Rahmen selber zu definieren. Das heißt, ich muss mich sowohl in Bezug auf meine Figur als auch auf meine Umwelt unterschiedlich verhalten können. Und auch hier ist es wieder wichtig, dass die Einschränkungen, denen ich unterliege durch die Logik der Spielwelt schlüssig erklärt sind.
Solch unterschiedliches Verhalten sollte auch unterschiedliche Reaktionen der Umwelt nach sich ziehen und so in einer Wechselwirkung wieder mein eigenes Verhalten beeinflussen.
Ich erwarte von einem Rollenspiel nicht, dass ich alles tun kann, was mir in den Sinn kommt, ein gutes Rollenspiel verhindert, dass ich überhaupt erst auf Ideen komme, unmögliche Dinge zu tun, oder zumindest tun zu wollen.
2. In diversen Interviews habt Ihr Drakensang als „eine Art Baldur's Gate in 3D“ beschrieben. Warum ausgerechnet Baldur's Gate? Warum nicht als „ein weiteres DSA Spiel!“ oder „sowas wie die beliebte und einflussreiche Nordlandtrilogie“?
Bernd Beyreuther: Als wir die Formulierung "Baldurs Gate in 3D" fanden, war das der Abschluss einer langen intensiven Gamedesign Phase. Wir hatten zu keiner Zeit den Gedanken "wir machen einen Clone von diesem oder jenem Spiel". Vielmehr haben wir einige Monate damit zugebracht, die Gamedesign Aspekte für ein, unserer Meinung nach, *richtiges* Rollenspiel zusammenzutragen und zu überprüfen. Wir haben Fans und Spieler befragt und verschiedenste Rollenspiele gespielt.
Wir fanden eine Reihe von Sachen, die uns wichtig waren und sind: eine Gruppe, dynamische Kämpfe mit rundenbasiertem Regelset, eine gewisse Komplexität der Fähigkeiten, starke und unvergessliche Charaktere, dynamische Dialoge und einiges mehr.
Die Nordlandtrilogie besaß kein homogenes Gameplay, was in der damaligen Technik begründet war: Wir bewegten uns in 3D durch Städte, in denen keine Leute zu sehen waren. Wir sahen alles aus der Ego Perspektive, aber die Party war nicht zu sehen. In Kämpfen wechselte die Perspektive in die starre ISO Ansicht usw.
Daher kann unser Ziel kaum als „Nordlandtrilogie in 3D“ bezeichnet werden. Unser Vorhaben lässt sich einfach besser als ein „Baldur´s Gate in 3D“ beschreiben. Das heißt aber eben nicht, dass wir uns von dem einen mehr, dem anderen weniger hätten inspirieren lassen.
3. Als das Spiel angekündigt wurde, waren viele nordamerikanische und europäische Spieler sehr enthusiastisch; sie erwarteten nicht weniger als ein Spiel in der Art der Nordlandtrilogie. Es ist unnötig zu erwähnen, dass sie enttäuscht waren, als eine völlig andere Richtung eingeschlagen wurde. Was würdet Ihr diesen Leuten sagen? Wie würdet Ihr sie vom Drakensang-Konzept überzeugen?
Bernd Beyreuther: Die Antwort liegt schon in der Frage Smile - uns ist wichtig den STIL der alten Spiele zu treffen.
Wir haben Spieler befragt, was ihnen von den alten Spielen wirklich in Erinnerung geblieben ist. Das waren die Überlandreisen, die Musik und vor allem die spezielle Stimmung von Aventurien. Die alten Spiele wurzeln tief in der sehr starken DSA P+P Community in Deutschland (DSA ist das führende P+P System in Deutschland) und diese wiederum ist uns sehr vertraut. Wir versuchen vor allem dieses Gefühl, das dort herrscht - eine bestimmte ganz typische Welt - einzufangen und in Drakensang zu vermitteln.
4. Da wir gerade dabei sind, was haltet Ihr von der Nordlandtrilogie? Habt Ihr die Serie gespielt, als Ihr mit der Entwicklung von Drakensang begonnen habt, um zu sehen, was in dem Bereich bereits geleistet wurde, was andere Spielentwickler aus der Lizenz gemacht haben, was sie richtig und was sie falsch gemacht haben? Können wir mit irgendwelchen typischen Markenzeichen der NLT rechnen wie z.B. dem Reisesystem?
Bernd Beyreuther: Ich (und auch andere Mitglieder des Drakensang-Teams) habe die Trilogie seinerzeit intensiv gespielt und sie gehört zu den Schönsten Spielen in meiner "Gaming-History". Hinzu kommt, dass ich jahrzehntelanger Spieler der Pen und Paper Vorlage bin und darüber hinaus einen engen Kontakt zum Lizenzgeber (den Autoren, der Redaktion) und Machern der alten Teile habe und pflege.
Sowohl die Pen und Paper Vorlage als auch die Nordlandtrilogie haben mich stark geprägt und sind, um es mal pathetisch auszudrücken, "in meinem Herzen verwurzelt". Und, um die Frage nach dem speziellen Feature Überlandreisen zu beantworten, ja, wir werden dieses geniale Spielelement auch in Drakensang haben.
5. Ihr habt außerdem erwähnt, dass Ihr meint, ein „ausschließlich rundenbasiertes System würde bloß eine Minderheit der heutigen RPG Zielgruppe erreichen“. Auch wenn ich Euch diesbezüglich 100% zustimme, stellt sich da die Frage: Warum?
Denkt Ihr, dass die Zeit der rundenbasierten RPGs vorbei ist und dass kein rundenbasiertes Spiel, egal wie erfolgreich es ist, sie zurückbringen kann? Oder seid Ihr der Ansicht, dass ein rundenbasiertes Spiel heutzutage einfach nicht erfolgreich sein kann, zumindest nicht so, wie ein Baldur´s Gate-artiges Spiel es wäre?
Bernd Beyreuther: Gute und interessante Frage. Ich glaube nicht, das rundenbasierte RPGs nicht mehr erfolgreich sein können, im Gegenteil, ich selbst habe erst jüngst wochenlang ganz intensiv ADVANCE WARS auf dem DS gespielt. Und ich glaube sehr wohl, dass man TB games machen kann, die die "Massen fesseln". In der Tat konzipieren wir derzeit einige Spiele in diese Richtung, die vor allem für die neuen Portables gedacht sind.
Eine andere Frage ist es, ob ein Rollenspiel das neben den Regel- und Kampfaspekten auch filmische, dramaturgische, emotionale Aspekte haben soll, also den Spieler auch fesseln und unterhalten will, Unterbrechung verträgt. Ich glaube, dass der intellektuelle, grübelnde "Schachstil" eines TB-Spieles sich nicht richtig mit Stimmung, Story, Emotion verträgt, da hier die Immersion des Spieles unterbrochen wird (er wird aus dem Spielfluss, der Handlung herausgerissen).
Jan Lechner: Ein Problem bei dieser Frage ist die Annahme, Echtzeitsysteme seien das Ergebnis einer langjährigen Weiterentwicklung von rundenbasierten Systemen. Ich halte das für falsch. Dass die Systeme zeitlich nacheinander kamen, liegt in der technischen Entwicklung begründet und nicht in der Weiterentwicklung von Gameplay-Konzepten.
Ähnliche Diskussionen werden um 2D und 3D geführt und sind gleichermaßen unsinnig. Nur weil wir heutzutage bestimmte Möglichkeiten haben, müssen wir sie nicht unbedingt nutzen. Wenn aber ein Konzept am besten mit einem bestimmten System funktioniert, sollten wir es tun, unabhängig von der Überlegung, was zeitgemäß ist.
Wenn man von „zurückholen“ spricht, denkt man schon in den falschen Kategorien. Jedes Spiel stellt ganz eigene Anforderungen und die Frage sollte nicht sein, was zeitgemäß ist, sondern was liefert im Spiel das beste Ergebnis.
6. Erzählt uns ein bisschen über das Kampfsystem. Ich habe gelesen, dass Ihr daraus ein „besonderes Erlebnis mit brillianten Animationen, knackigen Sounds und Grafikeffekten“ machen wollt. Das klingt natürlich gut. Werden die Kämpfe bezüglich der taktischen Aspekte ebenfalls etwas Besonderes sein?
Jan Lechner: Das ist richtig. Natürlich versuchen wir bei der grafischen Darstellung des Kampfes eine hohe Qualität zu erreichen, aber das ist nur ein Aspekt. Auch die beste Grafik macht einen Kampf nicht spannender, wenn das System an sich nicht gut ist.
Unser Kampfsystem berücksichtigt neben den Attributen und Talenten der einzelnen Beteiligten auch Faktoren, wie zum Beispiel die Position der Akteure zu einander. Aus unterschiedlichen Situationen können Vor- oder Nachteile für bestimmte Handlungen entstehen. Wenn ich als Bogenschütze auf einen Feind ziele, der von meinen Verbündeten umringt ist, dann ist das eine größere Herausforderung, als ohne diese Behinderung. Und wenn das potentielle Ziel nur von einem Verbündeten angegriffen wird, richtet sich die Behinderung natürlich danach, von wo ich schieße.
Ein weiterer Aspekt ist der Einsatz von Zeit und Energie. Zauber können mit einem unterschiedlichen Einsatz von Energie verwendet werden, und somit zu verschiedenen Ergebnissen führen. Der Spieler hat also nicht nur eine Summe von Zaubern zur Verfügung, sondern kann auch abhängig von der Situation entscheiden, wie er sie einsetzen will.
An dieser Stelle gibt es auch wieder einen Schnittpunkt mit der Grafik, denn wir wollen vieles von dem, was im Kampf stattfindet auch visualisieren. Schläge auf unterschiedliche Trefferzonen sollen beispielsweise durch unterschiedliche Animationen klar voneinander unterscheidbar sein.
7. Eine weitere Frage zum Kampf: Ihr habt erwähnt, dass ihr das Kampfsystem von Baldur´s Gate verbessern und modernisieren wollt. Ich habe keine Einwände, da dieses System viele Fehler hatte. Ich denke, es wäre einfacher für uns, uns von Eurem System ein Bild zu machen, wenn Ihr uns erklären würdet, welche Aspekte Ihr mochtet und verbessern wollt, welche nicht gut funktioniert haben (in Euren Augen) und welche Aspekte schlicht gefehlt haben?
Bernd Beyreuther: Hier sehe ich zum einen massive optische Verbesserungen. Wenn 15 Orks (per Motion Capturing animiert und realistisch modeliert) in Echtzeit auf meine Party eindreschen und die (Partikel)-Fetzen fliegen, dazu hartes Metall auf Metall kracht, wilde Kampfschreie und aufgewirbelter Staub ... dann soll das vor allem "rocken". Zum anderen haben wir versucht, das Feedback zu erhöhen (was passiert genau wann und warum), mehr taktische Entscheidungen zu implementieren und die Kämpfe lockerer und dynamischer zu gestalten.
Was wir unbedingt behalten wollten, war die Pausenfunktion. Dem Spieler soll jederzeit die Möglichkeit gegeben werden, den Kampf anzuhalten, um die Situation zu analysieren und Entscheidungen zu treffen.
8. Kommen wir zu einem der wichtigsten Aspekte des Spiels – dem Dialogsystem, welches „dynamisch auf die Fähigkeiten des Spielcharakters reagiert“. Könnt Ihr uns mehr über das Dialogsystem erzählen? Einige Beispiele, die Ihr zuvor erwähnt habt, deuten darauf hin, dass die Wahl der Rasse Auswirkungen auf Reaktionen und Dialogoptionen hat. Wie sieht das bei unterschiedlich entwickelten Charakteren der selben Rasse aus?
Jan Lechner: Es gibt drei Faktoren, die den Verlauf von Dialogen beeinflussen: Rasse/Kultur, Attribute und Talente. Ein Zwerg wird andere Reaktionen erfahren, wenn er einen Zwerg anspricht, als ein Elf in derselben Situation. Darauf hat der Spieler natürlich nur sehr begrenzt aktiven Einfluss, eben nur durch die Wahl seiner Spielfigur. Ist der Spieler aber erst einmal in der Situation, zum Beispiel ein Elf zu sein, der etwas von einem Zwerg will (und das ist in Aventurien keine einfache Geschichte), dann wäre es vorstellbar, dass man dem Spieler anbietet, den Zwerg anzulügen, um an die gewünschte Information zu kommen. Zum Beispiel mit der Behauptung: Ich bin ein verkleideter Zwerg. Ob und wie das klappt, liegt dann wieder an seinen Attributen und dem Level der benötigten Fertigkeit.
9. Welche Rolle spielen die Dialoge? Wieviel kann der Spieler ändern und beeinflussen, indem er mit Leuten spricht, anstatt sie zu bekämpfen? Plant Ihr irgendwelche Dialogfähigkeiten wie klassische gesellschaftliche Talente?
Jan Lechner: Die Dialoge sind vielleicht das wichtigste Element von Drakensang. Unser Fokus lag von Anfang an darauf, eine lebendige Welt zu präsentieren und eine tolle Story zu erzählen. Für beides ist der Dialog das wichtigste Mittel. Dialoge bieten die Möglichkeit die Welt und die Story nicht nur erzählt zu bekommen, sondern den Spieler interaktiv einzubinden.
Es wird verschiedene Talente geben, die dem Spieler in Dialogen zur Verfügung stehen, um den jeweiligen Dialog entsprechend seiner Vorstellung beeinflussen zu können. Ein Beispiel dafür wäre das klassische Überreden.
10. Es wurde gesagt, dass „Kämpfe für den Charakter nur ein Weg sein werden, Erfahrung zu sammeln“ und dass „es zig Möglichkeiten für den Spieler geben wird, um durch das Spiel zu kommen“. Das ist eines der angepriesenen Features. Wie funktioniert das? Kann ich das Spiel wirklich spielen, ohne auf Gewalt zurückzugreifen?
Jan Lechner: Kampf ist in Drakensang ein wesentliches Spielelement, aber eben nicht das einzige. Manch ein Kampf wird nicht zu vermeiden sein, aber in der Regel wird der Spieler nicht gezwungen zu kämpfen.
In vielen Situationen hat der Spieler die Wahl entweder zu kämpfen oder durch den Einsatz anderer Fertigkeiten zum Ziel zu kommen. Das kann eine geschickte Lüge sein, oder auch das Knacken eines Schlosses. So eröffnet sich der Spieler alternative Wege und ein solches Vorgehen wird ebenfalls mit Erfahrung belohnt. Es soll schließlich keine indirekte Notwendigkeit für Kämpfe bestehen.
11. Da wir gerade von angepriesenen Features sprechen, wie sieht Eure Design Philosophie bezüglich „Entscheidungen & Konsequenzen“ aus? Gibt es echte Entscheidungen, die nicht kosmetischer Natur sind und haben sie Konsequenzen, durch die nichts wieder so sein wird, wie es war?
Jan Lechner: Drakensang ist vom Konzept her ein lineares Spiel. Das heißt, letztlich wird jeder Spieler dasselbe Ende erleben. Der Weg dahin wird aber immer wieder unterschiedliche Möglichkeiten des Vorankommens bieten. Dabei kann eine Entscheidung an einer Stelle durchaus weit reichende Folgen haben. Es können sich an anderer Stelle neue Wege auftun, oder aber auch versperren. Teilweise wird man die Möglichkeit haben durch entsprechende Taten seine vorherigen Handlungen wieder gut zu machen oder aufzuheben.
Es ist für uns eine wesentliche Design-Frage, dass wir nur Zeit in Features und Spielelemente investieren, die dem Spieler wirklich einen Spielwert generieren. In dem Moment, in dem wir dem Spieler eine Entscheidung anbieten, muss er auch die Konsequenzen für seine Entscheidung erfahren können.
12. Erzählt mal was über das Charaktersystem. Könnt Ihr die Unterschiede zwischen dem Baldur´s Gate DnD Charaktersystem und dem Drakensang DSA System für einen unerfahrenen Einsteiger kurz erklären? Was können die Spieler bezüglich Rassen, Klassen und Fähigkeiten erwarten? Besteht die Hoffnung auf Talente wie Sagenkunde, Sprachen und Tier/Pflanzenkunde?
Bernd Beyreuther: Beide Charakter-Systeme bieten eine klassische Fantasy-Rollenspiel-Auswahl mit Kriegern, Magiern, Zwergen und Elfen. Dies sind archetypische Angelegenheiten, die zwingend für ein Rollenspiel sind und auch bei Drakensang vorhanden sind.
Die Heldenerschaffung in DSA zeichnet sich besonders dadurch aus, dass die Unterschiede der Charaktere tief verwurzelt in den Regionen und der Geschichte Aventuriens sind. Rasse, Region, Kultur, Elternhaus des Helden und welche magische Schule besucht wurde, spielen bei der Heldenerschaffung eine Rolle. All dies entscheidet über das Potential eines Charakters, ob er als Krieger ein Schwert oder eine Axt führt, ob er Heilzauber lernt, oder seine magischen Fähigkeiten im Kampf offensiv einsetzt.
13. Letzte Frage. Wie setzt sich die Zielgruppe von Drakensang zusammen und warum? Einerseits redet Ihr davon, es solle "reizvoll für traditionelle RPG Spieler" sein, andererseits macht Ihr ein Echtzeitspiel, da nur eine Minderheit der heutigen RPG Zielgruppe etwas mit rundenbasierten Spielen anfangen könne; Ihr versprecht ein großartiges Dialogsystem, fügt aber gleich hinzu, dass die Dialoge kurz seien, weil Spieler nicht zum Lesen gezwungen werden sollen; und Ihr setzt ein komplexes P&P Charaktersystem „in modernes Gameplay um – ohne dabei die Spieler mit Tabellen voller Zahlen und Zeichen zu quälen“. Also, reden wir über traditionelle Spieler oder die berüchtigte neue Generation, die nicht lesen kann, von Zahlen irritiert ist und alles mag, was glänzt?
Jan Lechner: Wenn man die einzelnen Punkte so gegenüber stellt, kann man tatsächlich den Eindruck gewinnen, dass wir nicht wissen, wo wir hinwollen. Aber wir denken bei der Entwicklung von Drakensang auch weniger daran, welche Zielgruppe wir wie erreichen. Im Team sind sowohl Vertreter der einen als auch der anderen genannten Gruppe und Einflüsse kommen natürlich aus beiden Lagern. Und wir versuchen beide Lager zufrieden zu stellen.
Das ist sicherlich keine einfache Aufgabe, aber ich bin überzeugt, dass ein durchdachtes Spielkonzept auch unterschiedliche Zielgruppen ansprechen kann, und im besten Fall kreiert ein gutes Spiel eine ganz neue Zielgruppe.
Da ein Teil der Frage auf eine missverständliche Aussage von mir zurückgeht, möchte ich darauf noch einmal im Detail eingehen: der Umfang der Dialoge.
Es geht uns darum eine Struktur zu finden, die dem Spieler den Zugang zu wichtigen Informationen ermöglicht, ohne sich durch lange Texte lesen zu müssen. Wir werden aber in allen Dialogen auch viele zusätzliche Informationen über die Welt, deren Bewohner und ihren Beziehungen zueinander liefern. Außerdem wird es eine Vielzahl an optionalen Dialogen und Informationen in Form von Büchern oder Schriftrollen geben, die dem „fleißigen“ Spieler zusätzliche Quests oder alternative Lösungen eröffnen.
Das zeigt exemplarisch unsere Herangehensweise an Gamedesign-Entscheidungen. Der Spieler soll die Wahl haben und selber entscheiden, ob er sich von einem NPC die Lebensgeschichte anhört oder nur die aktuelle Frage beantworten lässt. Diese Philosophie zieht sich durch das ganze Projekt.