Fansite-Preview - Seite 3
Datum: 20.04.2008

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Wer DSA-P&P-Spieler kennt, weiß, dass sie zu den pedantischsten Menschen überhaupt gehören. Das ist durchaus liebevoll gemeint, denn sie lieben ihr ausführliches Regelwerk, gehen an die Decke, wenn etwas unlogisch ist und verteidigen ihre Meinungen oftmals bis aufs Blut. Auf die Frage, wie Bernd mit Abweichungen von der offiziellen Welt, die die Hard-Core-Fans erzürnen könnten, umgeht, erzählte er eine Geschichte: Er stand zu Anfangstagen Drakensangs vor einer Gruppe solcher "Hardcore-Fans" und wollte ihnen das Spiel vorstellen. Dabei wurde er fast in der Luft zerrissen, wurde mit Fragen der Regeltreue bombadiert und wurde dabei ganz klein. Nach der Präsentation kamen jene, die besonders hart nachgehakt hatten zu ihm und bekundeten mit einem Leuchten in den Augen, wie sehr sie sich auf das Spiel freuen. Bei aller fanatischen Liebe traut Bernd ihnen also doch den Blick fürs Realistische und Machbare zu und nimmt Änderung in Kauf, solange sie nicht die Stimmung im Spiel zerstören, was für ihn einer der wichtigsten Aspekte ist.

Der Einsatz von Magie in Drakensang ist häufig ein leuchtendes Spektakel.
Warum sich für die hauseigene Nebula-Engine entschieden wurde, hatte vor allem praktische Gründe. Es ist leichter mit einer Engine zu arbeiten, die man kennt, als sich in eine neue einzuarbeiten. Man weiß wie weit man gehen kann, was möglich ist und was nicht, erklärte uns Bernd und plauderte weiter aus dem Nähkästchen. So musste bei einem weiteren Radon Labs-Titel, dem Adventure "Treasure Island", mehr an der Engine geschraubt und verändert werden, als etwa bei "Drakensang". Und doch merkt man dieses nicht. Das Licht scheint immer perfekt eingesetzt, atemberaubend brechen Sonnenstrahlen durch lichte Baumdecken und lassen nicht einmal erahnen, dass hier nicht extra eine teure Engine eingekauft wurde, wie es etwa bei "Speedtree" der Fall war. Diese Engine holte man sich mit dem Ziel dadurch Zeit zu sparen und trotzdem ein gutes Resultat zu erzielen. Was das Team jedoch vorher nicht wusste, war, dass "Speedtree" keine Fichten kennt. Diese waren aber im Design vorgesehen und wurde dann noch einmal separat erstellt.

Chef Game Designer Fabian Rudzinski bei Radon Labs
Die Arbeit von Radon Labs wirkt ehrlich und transparent. Bei einem gemeinsamen Mittagessen in einem nahe gelegenen Lokal, wo auch Chef-Game Designer Fabian zu uns stieß, gerieten die Gespräche mehr in Richtung alte DSA-Zeiten und aktuelle PC-Spiel-Diskussionen. Bernd selbst fing mit einem der allerersten offiziellen Gruppen-Abenteuer im DSA an: "Silvanas Befreiung" war noch sehr von Schwarz-Weiß-Malerei und einfachen Dungeon-Erkundungen geprägt und glich daher auch sehr dem damaligen Stil des amerikanischen Pendants "Dungeons & Dragons". Weiter ging es mit Abenteuerklassikern, wie das "Grabmal von Brig-Lo" über die Lieblingskampagne von Bernd, die von Bernhard Hennen kongenial inszenierte "Phileasson-Saga" bis hin zum Prunkstück, der legendären 7G-Kampagne. Der Eindruck, dass es sich bei ihm um einen alten DSA-Haudegen handelt, ist also keine hohle Floskel gewesen. So unterhielt ich mich mit ihm über einzelne NSC's, welterschütternde Ereignisse und Situationen, die man einfach miteinander teilt, wenn man die gleichen Abenteuer gespielt hat, wie mit jedem anderen DSA-P&P-Spieler auch. Ein heimisches Gefühl und ein gutes dazu, zu wissen, dass "Drakensang" praktisch in Fan-Händen liegt. Auf die Frage, ob das bisher erfolgreichste deutsche Rollenspiel "Gothic 3", dass ja durchaus umstritten ist, Einfluss auf seine Arbeit bei Drakensang genommen hat, antwortet er mit einem eleganten Ausweichen. "Ja, ich muss mich eigentlich in jedem Interview, dass ich gebe, zu 'Gothic 3' äußern." Ein sympathisches Lächeln, dann schaltete sich Fabian in die Diskussion ein und erklärte mir, dass das Problem mit Gothic das ist, dass die ersten beiden Teile rund und in sich geschlossen waren. Der dritte Teil hat damit einen immensen Bonus und wurden von vielen blind gekauft. "Gothic 4" wird es seiner Meinung nach wieder schwerer haben. Dann kam das Essen.

Und schon wieder ein potenzieller Felllieferant, der einem vor den Bogen rennt.
Ein letztes Mal begeben wir uns in die Hallen von Radon Labs, wo wir noch einmal ausführlich spielen dürfen und Game-Designer Fabian uns noch einiges zur Welt erklärt. Helden in der Gruppe, deren Lebensenergie komplett verbraucht ist, sind danach nicht gleich tot, sondern nur schwer verwundet und können geheilt werden bzw. regenerieren sich langsam wieder selbst. Erst, wenn die ganze Gruppe keine Lebenspunkte mehr besitzt, muss neu geladen werden. Da es keine Tag-Nacht-Wechsel gibt und das Licht somit geschickt den Spielstimmungen angepasst wird, griff man zu dem Mittel einer Auto-Regeneration, sowohl im Bereich der Lebensenergie, als auch beim Wiederherstellen der Astralenergie (aventurisches Pendant für Mana). Mit dem Drücken der Strg-Taste können Befehle für den gesteuerten Helden gestapelt werden, so kann man ihm beispielsweise befehlen, greife erst diesen Goblin da an, wirke dann den Heilungszauber auf deinen verletzten Gefährten und begib dich danach auf Fernkampfdistanz. Ein weiteres Feature ist das Ausnehmen von Tieren. Hierbei ist es auch wichtig, wie hoch der Wert in dem Talent "Tierkunde" ist. Hat man davon gar keine Ahnung, kriegt man bei einem totgeschlagenem Tier nicht gar nichts, sondern blutige Fellfetzen, die schwer weiterzuverarbeiten sind und weniger Gold im Handel bedeuten. Ist man jedoch sehr bewandert im Ausnehmen von Tieren, so bekommt man ein gutes Fell. Ohnehin wird es so sein, dass man selbsthergestellte Waren nicht so einfach in der Welt kaufen kann, sondern sie einzigartige Stücke sind, die niemand anderes in der Welt besitzen wird außer einem selbst.

Dies sind Regelbücher des P&P-Rollenspiels "Das Schwarze Auge”, der Grundlage von Drakensang.
"Drakensang” mag jetzt sehr speziell wirken, ist jedoch intuitiv schnell begreifbar. Das Handling geht sauber von der Hand und sorgt für ein sicheres Gefühl von Übersicht. Man versteht schnell, wie das Spiel funktioniert und dennoch wartet es mit vielen begeisternden Momenten auf, die einen schlichtweg fesseln. Dementsprechend ist es nicht erforderlich, dicke DSA-Regelwerke gewälzt zu haben, um die Faszination, die "Drakensang” ausstrahlt, zu verstehen. Die Freude an epischer Fantasy reicht hierbei aus, um mit dem Spiel warm zu werden. Es wurde auch eine vereinfachte Charaktererschaffung entwickelt, in der man einen soliden Helden erstellt, ohne Angst haben zu müssen, sich schon von vornherein zu verskillen. Genauso wird der Spieler auch im Spiel nicht übermäßig mit dem komplexen DSA-Regelsystem konfrontiert, welches im Hintergrund agiert. Experten haben jedoch die Möglichkeit, sich sowohl bei der Charaktererschaffung als auch im Spiel die volle Regelbreitseite zu geben und in einem zusätzlichen Fenster jede Aktion regeltechnisch nachzuvollziehen oder bei der anfänglichen Erschaffung den eigenen Helden nach den eigenen Vorlieben zu maßschneidern.

Ein letzter sehnsüchtiger Blick auf die Arbeitsplätze, der eifrigen Mitarbeiter von Radon Labs.
Als wir uns leider vom Rechner loseisen mussten, verabschiedeten wir uns freundlich, kriegten von Fabian noch einmal einen Schrank gezeigt, in dem sämtliche offiziellen DSA-Abenteuer und unzählige andere Regelpublikationen stehen. Eine letzte Führung und ein Gang durch die Reihen der arbeitenden Progammierer, letzte Händedrücke wurden ausgetauscht, ein letzter Blick auf das untote "Wachmaultier", dann verließen wir das Studio von Radon Labs. Was gibt es also als Fazit zu sagen: Das Spiel packt einen sofort, ist jedoch nichts für Action-Liebhaber, sondern eher für Story-Narren. Die Atmosphäre ist schier unglaublich dicht, die Grafik wunderschön, die musikalischen Klänge subtil aber episch. Erwartet uns also eine große Renaissance des Party-Rollenspiels im Singleplayer-Modus? Warten wir es ab, die Zeichen stehen jedoch gut.



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